Ich - surfen? Niemals!
Was passierte, als ich einfach mal über mich selbst hinauswuchs.
Mit Anfang 20 war ich an der französischen Westküste. Bei schönstem Wetter stand ich bis zu den Knien im Wasser und wurde von einer Welle umgehauen. Ab dem Moment schien mir dieses stürmische Wasser zu wild. Dennoch begeisterten mich die Surfer und so nahm ich meine Kamera und verfolgte sie vom trockenen Strand aus. Das aufregende Treiben war herrlich anzusehen, aber es kam noch nicht mal infrage überhaupt darüber nachzudenken, so „lebensmüde“ zu sein und es selbst zu versuchen.
Dann lernte ich Amano kennen, einen begeisterten Surfer. Gleich zu Anfang versuchte er mich vom Surfen zu überzeugen. Meine Reaktion: Auf gar keinen Fall! Nichts für mich!
Kurz darauf war Weihnachten und meine Schwestern schenkten mir einen Bikini. „Weil ich ja jetzt eine Surferbraut werden würde.“ NEIN. Ich und Surfen passt nun wirklich nicht zusammen (aber schöner Bikini). Schließlich hatte ich mich bereits 38 Jahre eingerichtet, ein ängstlicher Mensch zu sein. Das war eine wunderbare, entspannte Position.
Es wurde Sommer und damit kam die Überlegung wo unser erster gemeinsamer Urlaub hingehen sollte. Amano war vollkommen „untersurft“ und hatte dringendes Wasserbedürfnis. Und so überraschte ich mich, als sagte, ich könnte es ja zumindest mal versuchen mit dem Surfen. Wir fuhren nach Frankreich an die Westküste. Ziemlich genau dorthin, wo ich knapp 20 Jahre zuvor beschlossen hatte, niemals surfen zu gehen und darüber hinaus überhaupt nie wieder so ein wildes Wasser zu betreten. Ehe ich mich versah, stand ich im Wetsuit davor. Mit MEINEM Surfbrett in der Hand fragte ich mich, ob ich jetzt doch „lebensmüde“ wäre.
Für meine früheren Verhältnisse vielleicht lebensmüde, aber nun auch stolz auf meinen Mut, mit dem ich diesen Schritt ins wilde Wasser gewagt habe. Zudem bin ich dankbar für die Freude, die mir das Surfen bringt. Denn in diesem Moment in Frankreich begann meine kleine Surferkarriere.
Zu Beginn hatte ich oft das Gefühl, ich kämpfe mit dem Brett und dem Wasser. Doch in kleine Schritten wuchs das Gefühl, mit dem Brett im Wasser zu spielen. Heute, zwei Jahre später freue ich mich immer noch jedes Mal, wenn ich es schaffe aufzustehen und ein Stück zu fahren. Ich bin stolz auf jeden Fortschritt, den ich mache. Manchmal muss ich lachen, wenn ich ein längeres Stück fahre. Es ist die pure Freude, die mich dann überwältigt. Das sind die besten Momente!
Surfen ist also doch etwas Wunderbares! Schon das Rauspaddeln fühlt sich nach Freiheit an. Das Wasser ist unberechenbar und dennoch lerne ich immer mehr es zu verstehen und zu lesen (oder beim Missverstehen mich dem machnal einfach hinzugeben, haha). Manche Wellen sehen klein aus, bäumen sich auf und schmeißen mich um. Andere sehen nach nix aus und plötzlich bekommen sie Speed und ich fahre doch ein Stück mit. Es hat auch etwas Meditatives. Ich muss ganz und gar bei der Sache sein. Meine Checkliste: Wie liege ich auf dem Brett? Wo kommt die Welle? Wann stehe ich auf? Einmal nicht aufgepasst und zack wird man durchgewirbelt. Bestenfalls bin ich nur in dem Moment: bei mir und dem Wasser. Das ist wunderbar. Und am Ende spielen alle nur mit dem Brett im Wasser, jeder eben auf seine Weise. Hauptsache, es macht Spaß!
von links nach rechts: 1. Schon im Wetsuit noch mal schnell Zähneputzen. Dann das Brett aus dem Auto befreien. 2. Mein Surfbrett am Trocknen nach ersten Surferfolgen am Strand "L'Amelie".
3. Freude nach dem Surfen. Gemütlich im Surfponcho.
Ich liebe es dir zu folgen.